Christlich Demokratische Union Deutschlands
Einleitungsrede des Overather CDU-Vorsitzenden Hardy Kohkemper anlässlich der Verleihung des Bürgermeister-Büscher-Ehrenamtspreises 2024
Meine Damen und Herren,
„das Ehrenamt hält unsere Gesellschaft, das Ehrenamt hält unsere Demokratie, das Ehrenamt hält den Laden zusammen“.
Ungefähr 30 Millionen Bürgerinnen und Bürger engagieren sich in Deutschland auf unterschiedliche Art und Weise ehrenamtlich für unser Gemeinwohl. Das ist weltweit einzigartig. Dennoch merken wir spätestens seit der Coronapandemie, dass sich etwas in unserer Gesellschaft, ja in unserer Demokratie verändert hat. Ich spreche jetzt nur für mich, wenn ich feststellen muss, dass ich den Eindruck habe, dass es vielen Menschen in unserer Gesellschaft offensichtlich immer schwerer fällt, sich gegenseitig zuhören, Argumente auszutauschen, gesagtes auf sich wirken zu lassen und seine eigenen Ansichten kritisch zu überprüfen. Demokratie lebt vom Diskurs, vom Austausch von Meinungen, von der Akzeptanz des Anderseins, vom Respekt gegenüber der andersdenkenden Person, von Rede und Gegenrede und von der Bereitschaft, seine Meinung zu überprüfen und nicht als die einzige Wahrheit darzustellen. Das hatten wir vor 80 Jahren in der Nazi-Diktatur und vor 34 Jahren in der DDR-Diktatur schon einmal. Beides ist krachend gescheitert!
Im vergangenen Jahr haben wir hier die Individuelle Flüchtlingshilfe für ihren Einsatz für Menschen, die aufgrund von Krieg und Vertreibung ihre Heimat verlassen mussten, ausgezeichnet. Damals habe ich mit meinen bescheidenen Worten die Solidarität mit den Menschen in der Ukraine und den vielen flüchtigen Menschen auch bei uns in Overath beschworen. Ich bleibe dabei, dass jeder Mensch das Recht hat, nicht in seiner Würde infrage gestellt zu werden. Das galt vor einem Jahr, dass gilt für mich und die CDU Overath auch heute noch. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, so wie es in Artikel 1 des Grundgesetzes beschrieben wird, ist eine der Maßgaben für jede Demokratin und jeden Demokraten, unabhängig von der persönlichen, politischen Ausrichtung.
Der verbrecherische Krieg in der Ukraine prägt leider auch heute noch die öffentliche Diskussion. Was wir uns alle vor einem Jahr sicherlich nicht vorstellen konnten ist, dass mit dem Nahostkonflikt und dem terroristischen Angriff der Hamas auf Israel die Sicherheit in der Welt und auch unsere Sicherheit hier in Deutschland zusätzlich gefährdet wird. Ja, man darf die demokratisch gewählte israelische Regierung für politische Entscheidungen kritisieren, gerne auch zur Kriegsführung in Gaza, wobei man dabei aber auch berücksichtigen sollte, dass nach wie vor ungefähr 100 Menschen von der Hamas verschleppt sind und nach wie vor Raketen auf Israel gefeuert werden und das Existenzrecht Israels abgesprochen wird. Kritik gehört zu einer Demokratie dazu, dass muss auch Israel aushalten. Dies rechtfertigt aber nicht, dass 79 Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkrieges Jüdinnen und Juden auch bei uns in Deutschland wieder Angst haben müssen, bloß weil sie jüdischen Glaubens sind. Antisemitismus ist keine Meinung, Antisemitismus ist ein Verbrechen! Hass gegenüber Menschen aufgrund ihrer Religion, ihrer Sexualität, ihres Lebensstils, ihrer Herkunft oder ihres sozialen Hintergrundes hat nichts mit Demokratie zu tun. Es ist ein Verbrechen!
Phantasien über Deportationen und Remigration von Menschen mit nicht deutschem Hintergrund sind eine Schande für unser Land, für unsere Demokratie und unser gemeinsames Zusammenleben. Um so stolzer dürfen alle demokratisch Verantwortlichen in Overath sein, dass mit dem durch Bürgerinnen und Bürger getragenen Zusammenschluss „Overath hält zusammen“, ein gesellschaftliches Zeichen in unserer Heimatstadt gegen Rassismus, Extremismus und Diskriminierung gesetzt wurde. Ich habe es bereits in einem Artikel geschrieben, möchte es aber auch heute gerne wiederholen, der Respekt und die Anerkennung der CDU Overath gilt allen Bürgerinnen und Bürgern, die sich auf unterschiedliche Art und Weise für die Werte und Grundsätze der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, für unsere Demokratie, einsetzen. Auch viele Bürgerinnen und Bürger, die sich ehrenamtlich beispielsweise in der Feuerwehr, im Rettungsdienst, in sozialen Organisationen, Projekten, Vereinen oder auch nur im sozialen Umfeld für andere Menschen oder unsere Gesellschaft einsetzen, werden immer wieder das Ziel von Hass, Gewalt, Denunziationen und Angriffen.
Meine Damen und Herren, auch Bürgerinnen und Bürger, die sich politisch engagieren sind oft Ehrenamtler, dass wird mir zu oft vergessen. Egal welche politische Meinung man hat, so verdienen alle ehrenamtlich tätigen Menschen, die sich im Kontext demokratischer Werte engagieren, Respekt und Anerkennung. Auch Politikerinnen und Politiker. Nehmen wir dazu einmal die Lebensleistung von Siegfried Raimann als Vorbild und positives Beispiel. Angriffe auf Wahlkampfhelferinnen und -helfer und Politikerinnen und Politiker, egal welcher Partei sie zugehören, wie wir in den vergangenen Wochen bestürzt zur Kenntnis nehmen mussten, gehen gar nicht.
Vor zwei Wochen erhielt ich einen anonymen Anruf. Eine Frau kritisierte dabei einen Artikel, den ich Anfang Januar im Kontext des Treffens in Potsdam im Mitteilungsblatt geschrieben hatte. Grundsätzlich unterhalte ich mich mit jedem und jeder, die oder der mich anspricht. Dabei muss man nicht meiner Meinung sein. Das ist nämlich das Wesen der Demokratie. Was aber nicht das Wesen der Demokratie ist, ist, dass man gar nicht mehr zuhören möchte und seine Meinung als die einzige Wahrheit darstellt.
Die Frau teilte mir dann in einem Monolog mit, wie schrecklich Maßnahmen der Pandemie waren, dass Menschen in Krankenhäusern durch die Druckluftbeatmung und durch die Inkompetenz des Pflegepersonals gestorben sind. Sie versuchte mir offensichtlich Angst bezüglich meines Artikels und meiner klaren Positionierung zum Potsdamer Treffen zu machen, indem sie mich immer wieder auf angebliche Gerichtsentscheidungen hinwies, die meinen Artikel und meine Positionierung infrage stellten. Der Monolog und ihr Schreien führte sie mit der These fort, dass „die Gesetze früher“, damit war die Zeit vor der Bundesrepublik, als der NS-Zeit gemeint, besser waren als heute. Einwendungen ließ die Frau gar nicht mehr zu. Ihre Wahrheit war die Einzige. Sie hatte keine Bereitschaft zu einem Dialog. Letztendlich outete sie sich auf meine Nachfrage als Sympathisantin einer Partei, die seit vergangener Woche durch den Verfassungsschutz gerichtlich als rechter Verdachtsfall geführt werden soll. Meine Damen und Herren, alle demokratischen Kräfte dürfen es nicht zulassen, dass solche Menschen in Europa, in Deutschland in NRW und auch bei uns hier in Overath jemals wieder in Verantwortung kommen. Deren Zeit ist vorbei, spätestens seit 1945 und 1989.
Wie viele von ihnen wissen, leite ich in der Landeshauptstadt Düsseldorf eine Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtung. Auf dieser beruflichen Grundlage ist mein politischer Schwerpunkt vor allem soziale Themen und als besonderer Schwerpunkt, Belange für Kinder und Jugendliche. Kinder und Jugendliche sind unsere Zukunft, dass gilt auch für die Gestaltung unserer Demokratie. Deshalb muss es unser gemeinsames Ziel sein, junge Menschen an Demokratie heranzuführen und sie an alle sie betreffenden Entscheidungen aktiv zu beteiligen. So steht es übrigens auch in § 8 des Kinder- und Jugendfördergesetzes. Mich erschreckt es, dass nach der kürzlich veröffentlichen Studie „Jugend in Deutschland 2024“ 22% der jungen Menschen ihre Wahlentscheidung bei der AfD machen würden. Das erschreckt mich und ist Auftrag, gemeinsam mit allen demokratischen Kräften alles dafür zu tun, damit dies nicht so ist. Auch hier in Overath müssen wir in den kontinuierlichen Dialog mit jungen Menschen, besonders auch im schulischen Kontext, kommen. Und nicht nur als Podiumsdiskussion vor irgendeiner Wahl. Ich weiß, dass es Gründe und Regeln gibt, warum dies schwierig ist. Ich will aber ehrlich gesagt nicht wissen warum etwas nicht geht, sondern wie wir es gemeinsam bewerkstelligen können, damit wir nicht ein Teil unserer Jugend, unserer Zukunft, an extremistischen Rattenfängern verlieren. Deshalb mein eindringlicher politischer Appell an alle demokratischen Kräfte und an die Verwaltung, lassen sie uns gemeinsam nach Möglichkeiten suchen, wie wir einen kontinuierlichen Dialog, einen Austausch und eine Beteiligung von jungen Menschen umsetzen können. Demokratie lebt vom Mitmachen, vom Aufstehen, von dem Mut, seine Meinung zu äußern und auch von der Akzeptanz, andere Meinungen zu akzeptieren.
Warum sag ich Ihnen das in diesem Kontext? Alles das kann nur gelingen, wenn wir gemeinsam dafür einstehen, unsere Demokratie zu gestalten. Und hier sehe ich beim ehrenamtlichen Engagement eine zentrale Bedeutung. 30 Millionen Menschen, die sich ehrenamtlich für demokratische Werte einsetzen, sind ein positives Beispiel für unsere Demokratie. 30 Millionen Menschen können nicht irren! „Das Ehrenamt hält unsere Gesellschaft, das Ehrenamt hält unsere Demokratie, das Ehrenamt hält den Laden zusammen“.
Vielen Dank.